vierzehnter Mai …

heute vor 4 Jahren wurde ich in eine Klinik eingewiesen. Eine Klinik für Persönlichkeits- und Traumafolgestörungen. Es war ein Dienstag. Ein Tag wie jeder andere. Nur nicht für mich.
Ich dachte, ich werde verrückt. Auf einmal waren da Bilder vor meinen Augen von Menschen / Dingen, die nicht da waren und schockierende Erinnerungen, körperliche Symptome, die mir die Luft abschnürten und Schmerzen am ganzen Körper. All das konnte ich nicht zuordnen und war heillos mit mir und diesen wiederkehrenden Empfindungen überfordert.

Zwei Wochen später starb meine Mum. Plötzlich. Unerwartet. Hat sie sich aus dem Staub gemacht und mich mit der Aufarbeitung meiner Kindheit & meiner traumatischen Erfahrungen allein gelassen. Ich habe auf so viele Fragen keine Antwort mehr bekommen. Ich hatte nicht mehr die Chance mit ihr über meine Kindheit zu sprechen, über die aufkommenden Erinnerungen zu reden, nach ihrer Sicht zu fragen, ihr zu sagen, was schief gelaufen ist, wofür ich dankbar bin und wofür nicht …

Heute, vier Jahre später, ist Muttertag. Von allen Seiten wird das Muttersein glorifiziert, feiern sich Frauen dafür, dass sie Kinder in diese Welt gesetzt haben unabhängig davon, ob und wie sie ihre Kinder auf diese Welt vorbereitet bzw. wie sie „uns“ in diese begleitet haben. Eine überzogene Selbstbeweihräucherung auf der einen Seite. Ein Konsumereignis, über das der Wert des Mutterseins, in Blumen und Geschenken ausgedrückt wird, auf der anderen. Muttertag als Marketing-Event & Pflichtveranstaltung (der man nachkommt, um den „Familienfrieden“ aufrecht zu erhalten). Sicher kann dieser „Feiertag“ auch Impuls für Mütter sein, ihre traditionelle Rolle kritisch zu hinterfragen. Und im bestmöglichen Fall, hat man tausend gute Gründe um seiner Mutter danke zu sagen. Wenn man dieses „Danke“ nicht fühlt, dann hat auch das seine Gründe.

Meine Worte gehen daher heute nicht an die Mütter sondern an all jene von Gewalt und Vernachlässigung betroffenen „Kinder“, die ihr euch selbst großziehen musstet , ALLES LIEBE ZUM MUTTERTAG!

Ich wünsch euch, dass ihr euch selbst die beste, liebevollste, großzügigste Mutter werdet, die ihr euch vorstellen könnt. Ihr habt das verdient. Bitte seid für euch selbst, die Mutter, die ihr als Kind gebraucht hättet. Ihr könnt das jetzt selbst und ihr macht das großartig.

home sweet home

kindheit
Am schönsten ist es zu Hause, sang schon Elfi Graf 1976 :-) und auch wenn ich mich oft nicht entscheiden kann, wo mein zu Hause ist, so ist es genau dort, wo ich herkomme. Der Ort, an dem ich geworden bin, wer ich jetzt bin. Hier haben meine Erinnerungen stattgefunden. Meine Vergangenheit. Aber zu Hause ist auch dort, wo ich jetzt bin, ich mich wohl fühle & mir mein Leben schick eingerichtet habe – dort, wo mein Herz ist und meine Erinnerungen entstehen.

Zu Hause. Die ersten Schritte, die ersten gesprochenen Worte, das erste Mal von der Treppe stürzen und wieder aufstehen. Mit Beule und blauen Flecken. Meine Kinderkrippe & Kindergarten. Der erste Kuss und das Pflaster, dass man von den KindergartenTanten auf den Mund geklebt bekommen hat, eben wegen dieses Kusses. Die zarten Freundschaften mit Kindern, die meine Eltern nicht wirklich für mich ausgesucht hätten (wenn es nach Ihnen gegangen wäre :-)). Die erste Klasse in der Schule und die letzte Klasse auf dem Gymnasium und dazwischen viele schöne aber auch unschöne Momente. Die ersten richtigen Freunde, die mit mir die Welt unsicher machten und welche, die nur für einen kurzen Augenblick in eben dieser kleinen Welt mitspielen durften/wollten. Das erste Mal verliebt sein in den Jungen, in den alle Mädchen verliebt waren. Der erste Kuss, der erste Freund, der erste Sex, der erste Liebeskummer. Das erste Mal rauchen hab ich ausgelassen :-) genauso wie das erste Mal richtig betrunken zu sein.

Ich habe in dieser Stadt gelernt, was Liebe bedeutet genauso wie ich Schmerzen und Trauer, Freude und Glück erfahren durfte. Hier lebt meine Familie, die Menschen, die mich so lange begleitet, mich unterstützt, manchmal auch ausgebremst aber vor allen Dingen niemals allein gelassen haben. Alles was ich brauchte, hatte ich. Und dennoch hat es mich fort gezogen. Zu anderen Städten. Zu anderen Menschen. Um zu wachsen. In mir. Und ich frage mich, was mich manchmal so reglos und unzufrieden macht, was ich von diesem Leben noch will, was es noch verlangt. Was ich noch tun soll, damit mein Herz zufrieden ist, damit es glücklich sein kann und sich zu Hause fühlt. Hier und im Jetzt.

festhalten um nicht zu vergessen. loslassen um sich fortzubewegen.